Donnerstag, 7. März 2013

Der kleine feine Unterschied

Gerade lese ich mit großem Vergnügen das Buch "die Ameisenzählung" mit Kurzgeschichten von Daniel Glattauer (der z.B. auch "Gut gegen Nordwind") geschrieben hat. Er schreibt auch allerlei über die Wiener, weil er selber einer ist, und die Österreicher im Allgemeinen. Hier mal eine Kostprobe:

Wir schauen (I)
Der Brite »looks«. Der Deutsche guckt. Der Österreicher schaut. Danke für das Wort. Wir brauchen es. Der Österreicher schaut, wenn der Tag lang ist, und durchs Schauen wird er auch nicht kürzer. Schauen strengt nicht an. Es arbeitet nahezu nichts im Gehirn. Es
arbeitet so wenig, dass manchmal sogar der zugehörige Mund offen bleibt. Wenn Österreicher schauen, beabsichtigen sie nichts, sie besichtigen ja nichts. Sie wollen nichts erblicken oder erkennen. Sie wollen keinem etwas wegschauen, sie wollen einfach nur schauen. Bevorzugte Schau-Motive sind Baustellen, insbesondere Kräne (während der Mittagspause der Kranführer), im Halteverbot abgestellte Autos (mit ausländischem Kennzeichen), am Fensterbrett hängende und kongenial dreinschauende Insassen des Gebäudes vis-à-vis, ferner Flugzeuge bei der Ausübung ihrer Tätigkeit (fliegen), Hydranten
bei der Ausübung ihrer Tätigkeit (stehen), Polizisten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit (schauen), also möglichst statische Schau-Sub- oder -Objekte des täglichen Lebens, die nicht eigens durchschaut werden müssen, um ungestört angeschaut zu werden. Schlimm wird es aber erst, wenn die Österreicher vom Schauen sprechen: siehe nächste Seite.


Quelle: http://files.hanser.de/zsolnay/docs/20090203_292311351-48_9783552060944.pdf

morgen mehr...

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